Quelle: Energate Messenger
Ein Gastkommentar von Benjamin Lakatos, Chairman und CEO der MET Group
2025 war ein bewegtes Jahr für die MET Group - und für den europäischen Energiemarkt insgesamt. Wir haben uns auf einen umfassenden Neuanfang vorbereitet; zugleich ist die Branche einen entscheidenden Schritt vorangekommen, wenn es darum geht, die Herausforderungen im globalen Kontext besser zu verstehen. Wichtiger noch: Endlich sind echte Fortschritte sichtbar im Bestreben, diese Herausforderungen auch tatsächlich anzugehen.
Aber der Reihe nach: Die Stabilisierung der Strom- und Gaspreise im zu Ende gehenden Jahr war aus gesamteuropäischer Sicht die wohl bedeutendste Errungenschaft. Insbesondere bei Erdgas haben wir 2025 das bislang vermutlich am wenigsten volatile Jahr dieses Jahrzehnts erlebt. Zwar liegen die Preise weiterhin über dem Vorkrisenniveau, doch sie sind für Verbraucher und Industrie wieder einigermassen handhabbar - ein wichtiges Signal für die Wettbewerbsfähigkeit Europas.
Ein zweiter zentraler Fortschritt zeigt sich auf politischer Ebene. Seit der Veröffentlichung des Draghi-Berichts 2024 beobachten wir einen spürbaren Wandel: Die Entscheidungsträger in Europa erkennen die Dimension der Herausforderungen in Bezug auf das Thema Energie deutlich klarer, sie sehen, wie stark der Kontinent an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat - und sie sind offener für Ratschläge. Allerdings fehlt es der Branche noch an einer gemeinsamen, kohärenten Richtung. Ohne einheitliche Vorschläge der Energieindustrie bleibt alles nur Stückwerk.
Denn Hand aufs Herz: Die Grundprobleme sind noch immer ungelöst. Die strukturellen Ursachen der enormen Preisvolatilität in den Jahren vor 2025 - die 90-prozentige Abhängigkeit der EU von Erdgas-Importen und die erheblichen Verwerfungen im Stromsystem aufgrund des stark steigenden Balancing-Bedarfs - bleiben auch 2026 und darüber hinaus bestehen. Trotz der gesunkenen Preise für Strom und Gas ist Europa im globalen Vergleich weiterhin nicht wettbewerbsfähig. Zu viele Industrien verlagern ihre Aktivitäten in Regionen mit günstigeren Rahmenbedingungen. Wir brauchen deshalb dringend mehr Pragmatismus und deutlich weniger Ideologie.
Aus meiner Perspektive eines europäischen Pragmatikers bedeutet das zweierlei: weniger Regulierung und mehr Innovation. Weniger Regulierung heisst weniger neue politische Massnahmen - und mehr Umsetzung dessen, was bereits beschlossen wurde. Gleichzeitig hat Europa in klassischen Energietechnologien wie Kernkraft, Öl und Gas stark an globaler Führungsrolle eingebüsst. Um wieder zur Spitze aufzuschliessen, müssen wir wirklich neue technologische Ansätze entwickeln und skalieren.
Kurzfristig sollte Europas Fokus daher auf Kosteneffizienz liegen, langfristig auf Innovationskraft. Beides ist entscheidend, um die Energiewende nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich zum Erfolg zu führen.
Ein Beispiel für einen solchen pragmatischen Ansatz bietet die Schweiz. Trotz enger Einbindung in das europäische Energie-Ökosystem verfolgt das Land eine realistischere und technologieoffenere Energiepolitik als viele andere Staaten. MET Group trägt hierzulande mit Wind- und Batteriespeicherprojekten aktiv zur Energiewende bei. Besonders erfreulich war in diesem Zusammenhang zuletzt die lokale Unterstützung für eines unserer Windprojekte im Wallis.
Wie sieht nun Europas Energiezukunft aus? Diese Frage bleibt eine der zentralen strategischen Debatten unserer Zeit - und die MET Group will darin eine pragmatische, lösungsorientierte Stimme sein. Die kommenden drei Jahre werden zeigen, welche der vielen derzeit diskutierten Ideen den Praxistest bestehen: Welche Technologien tragen nachhaltig zu Kostensenkungen bei? Welche steigern Effizienz? Welche schaffen reale Wertschöpfung?
Auch innerhalb der MET Group stehen wichtige Veränderungen an. Mit dem Amtsantritt von Huibert Vigeveno als Group-CEO zum 1. Januar 2026 beginnt für uns - und für mich persönlich - ein neuer Abschnitt. Ich bin überzeugt, dass uns dieser Neuanfang frische Perspektiven einbringen und das Unternehmen auf die nächste Entwicklungsstufe heben wird. Gleichzeitig eröffnet mir dieser Wechsel mehr Raum, mich noch intensiver mit der europäischen Energiewende zu befassen. Mein Ziel ist klar: Die MET Group soll künftig eine noch bedeutendere Rolle in den anstehenden Diskussionen über Europas Energiezukunft spielen.